Pflicht oder Wahrheit?

Ich habe meine Diagnose im August  letzten Jahres bekommen.  Wie ich schon mal gesagt habe, ich habe sehr genau überlegt, mit wem ich darüber spreche. Jetzt muss ich aber auch dazu sagen, dass ich eh nicht zu den Menschen gehöre, die „alles mit allen“ teilen müssen.  Zumindest bei den Dingen die mir am Herzen liegen, da mache ich schon viel mit mir selbst aus.

Ich bin gestern gefragt worden, wie meine Eltern mit der Diagnose umgehen, bzw, wie sie reagiert haben, als sie es erfahren haben.

Das ist jetzt in meinem Fall ein wenig kompliziert. Ich bin bei meinen Großeltern aufgewachsen, quasi als fünftes Kind.  Meine Großeltern haben vier Kinder, eins davon meine leibliche Mutter. Die wurde dann während ihrer Ausbildung schwanger ( näheres ist bis heute! nicht bekannt) und so kam es, das ich bei den Großeltern aufgewachsen bin.  Im Laufe der Jahre ist der Kontakt zu meiner Mutter immer weniger geworden und vor über zwanzig Jahren nach einem sehr heftigen Streit komplett abgebrochen. Was vielleicht hart klingt, aber, da wir nie eine wirklich enge Bindung hatten, ist das ok so wie es ist. Anders ist das mit meinen Großeltern.. Die sind ja damals in die Elternrolle gerutscht, was wahrscheinlich auch die beste Lösung für alle war.

Meine Großeltern leben beide noch, mein Großpapa ist 88 Jahre alt, und leider mittlerweile sehr stark dement, und lebt in einem Pflegeheim. Meine Oma wird in diesem Sommer 90!! und ist für ihr Alter topfit! Sie besucht meinen Großpapa jeden Tag im Heim, und hat dort auch für jeden anderen Bewohner ein gutes Wort oder ein offenes Ohr.  Darüber hinaus hat sie für jeden in der Familie ein offenes Ohr, und die, die weiter weg wohnen, ruft sie regelmäßig an, um sich zu erkundigen, wie es geht. Ich sage ihr am liebsten, das alles gut ist, und ich keinen Kummer habe, weil ich weiß, das sie das beruhigt.

Ich habe ihr bis heute nichts von der Diagnose erzählt, weil ich nicht möchte, das sie sich sorgt, ich  meine, hat diese Frau nicht schon Sorgen genug?  Ich möchte sie schützen. Ich möchte am liebsten alles Böse von ihr fern halten, weil ich denke, das sie in ihrem Leben schon so viel Kummer und Sorgen haben musste, und nicht noch mehr bekommen soll.

Bislang habe ich voll hinter diesem Entschluss gestanden, bis mir neulich ein Freund gesagt hat, bzw mich gefragt hat, ob das nicht auch als unehrlich bezeichnet werden könnte? Da ist sie, meine Eingangsfrage..  Ist es meine Pflicht, meine Großmama „zu schützen“ Oder ist die Wahrheit am Ende doch das stechende Argument?

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