Meine MS

Meine MS

 

Die Diagnose vor genau 7 Monaten, am 18. August 2016 ( einem Arsch-Jahr!) war ein Schock. Klar hatte ich MS schon einmal gehört, allerdings war das auch schon alles. Mein Neurologe  hat dann recht viel erzählt, über die Krankheit, die Therapien, die Medikationen, eine gute Stunde hat dieses Gespräch gedauert, obwohl ich nicht sicher bin, ob ich eine Stunde voll teilgenommen habe… ich hatte das Gefühl langsam, in Zeitlupe, in Watte zu versacken. Wie betäubt bin ich da raus, heim zu meinem Freund.

Wie sollte ich ihm das bloß sagen? Wie sollte ich erklären, was ich selber noch nicht verstanden hatte? Schließlich würde sich nun unweigerlich auch sein Leben verändern.

Um es ein wenig abzukürzen- er hat toll reagiert.. er war, er ist, eine große Stütze.

DANKE dafür!

Die ersten Tagen, Wochen waren ein Misch aus Wut, Verzweiflung, Ratlosigkeit, Angst ( jede Menge!) aber auch dem guten Gefühl einen Mann an meiner Seite zu haben, der zur richtigen Zeit die richtigen Worte findet, gern auch mal ein wenig derber, aber dazu später.

 

Damit komme ich zu der Erklärung, warum ich meiner MS den Namen „mein Schatz“ gegeben habe. Ganz klar mit der Assoziation zu Tolkiens „Ein Ring sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden“

Ich empfinde „meinen Schatz“ mittlerweile tatsächlich zeitweise als Schatz, denn schließlich hat die Diagnose mich, uns, dazu gezwungen das Leben noch einmal zu überdenken.

Ich lerne, wenn auch in kleinen Schritten, mich, meine Gesundheit, meine Seele, mehr zu schützen. So habe ich mir zum Beispiel einen freien Abend pro Woche „verordnet“ an dem ich in die Sauna

gehe -früher? Undenkbar! Und jetzt? Festes Ritual! Unantastbar…mein Abend! Mit einer schönen Weiterentwicklung… einen Saunabesuch pro Monat teile ich ( gern!) mit zwei Freundinnen, die sich meinem Ritual angeschlossen haben.

Mein Freund und ich schwärmen seit langem von unserer Reise nach Florida, vor einigen Jahren. Jede Schwärmerei endete jedoch in „später“ „lass uns erst“ „sollten wir nicht lieber“..   Die Diagnose hat uns nun genug Grund für ein jetzt! geliefert, und wir sind im Januar geflogen, hatten eine wunderschöne Zeit, ohne Kummer, Sorgen oder Termine..  Traurig nur, daß diesmal die Einwände aus unserem Umfeld kamen. Ein weiterer, für mich definitiv positiver Nebeneffekt, ist die Tatsache, dass ich nun unter die Blogger gehe.. ich habe schon oft gesagt, wenn ich alt bin, schreibe ich ein Buch. Meine romantische Vorstellung davon ist ein Schreibtisch mit dem Blick in einen wunderschönen Garten, an dem ich, gemeinsam mit einer schnurrenden Katze** auf dem Schoß schreibe.

**Nur fürs Protokoll… mein kleiner Kater liegt in Sichtweite auf dem Sofa… 😉

 

Ich könnte sicherlich noch weitere, positive Dinge aufzählen, um das funkeln des Ringes weiter zu verdeutlichen, aber mir geht es ja auch um das Dunkel, das die Diagnose ja nun unweigerlich ausgelöst hat. Ganz klar stehen dort die Beschwerden, Körperlich wie seelisch, die die Krankheit in sich mit sich bringt.

Was mich jedoch sehr traurig macht, es gibt Freunde, langjährige! Freunde, die ich ins Vertrauen gezogen habe, die danach nie wieder mit mir über meine Krankheit gesprochen haben.  Die nie, weder mich, noch meinen Freund, mal gefragt haben, wie es uns geht… Als die „Schlagzeile“ frisch war, haben wir geredet, auch darüber, wem sie das erzählen dürfen ( in kleinen Dörfern sehr wichtig!) aber seit dem schweigen wir dieses Thema aus. Vor ein paar Wochen hat mir jemand die Hand auf die Stirn gelegt, und gesagt, das ist alles nur da drin… „Denk einfach nicht daran… das ist reine Kopfsache!“ In solchen Momenten bin ich froh, das ich Weltmeister im „neutral gucken“ bin. Muss ich erst einen -sichtbaren- Schub bekommen, damit mein, unser, Umfeld wahrnimmt, was los ist??? Oder muss ich Verständnis haben, und mir sagen, es kann nicht jeder fragen, weil nicht jeder eine Antwort ertragen kann? Erwarte ich zu viel? Stattdessen wird mein regelmäßiger Sport, oder die veränderte Ernährung schlau kommentiert- „na, da ist aber jemand fleißig, da kann der Sommer ja kommen…“

Das gibt einem schon einen Stich, wenn langjährige Freunde am Ende wohl doch nur gute Bekannte sind.

Auf der Arbeit, im Büro habe ich nur sehr wenige Kollegen ins Vertrauen gezogen, weil ich nicht einen MS-Stempel bekommen möchte. Ich möchte weiterhin einen Rüffel bekommen, wenn ich mal was vergessen hab, ohne, das gleich die Verbindung zu meiner Krankheit gezogen wird.

Bislang funktioniert es gut, auch wenn mein Medikament ( Tecfidera) mir regelmäßig einen Streich spielt und mir zu den Unmöglichsten Momenten einen Flash beschert, der dann nicht zu übersehen ist.. frei nach dem Motto, wenn schon, dann richtig. Schön ist es dann, wenn dir Kolleginnen aus der Zeit ihrer Wechseljahre berichten… unabhängig, von der Tatsache, dass ich noch ein wenig zu jung für Wechseljahre bin…  In solchen Momenten liebe ich die Oberflächlichkeit vieler Menschen 😉

 

Die Summe aus beidem, den schönen, hellen Momenten, sowie die eher dunklen, traurigen Seiten macht ihn aus, den Ring…     Meinen Schatz.